Dieses Jahr haben wir es nun endlich geschafft: Schottland

Schon lange wollten wir nach Schottland, nicht nur des Whiskies wegen, sonder auch wegen der Menschen und der Landschaft. Bisher ist uns aber immer ein anderes Land dazwischen gekommen. Nun haben wir eine Woche Schottland mit der Bahn erlebt und dabei fünf sehr unterschiedliche Brennereien besucht. Hier will ich Euch eine kleine Zusammenfassung geben. Bilder und ein paar Worte zu Schottland selber folgen in einem anderen Beitrag.

 

Oban

5DII_95607_150930_125303_47mm_f8,0_180s_ISO100_(c)900In dem schönen Küstenstädchen Oban liegt die Brennerei Oban Distillery von Diageo. Hier wird nur der 14-jährige Oban gebrannt. Die Brennerei liegt etwas versteckt in zweiter Reihe mitten im Ort. Das ist auch nach Aussage der Führerin der Grund, warum hier nicht mehr produziert wird, weil einfach kein Platz für einen Ausbau vorhanden ist.

Die Tour kostet nur 5 GBP, findet regelmäßig statt und im Anschluß gibt es einen Dram vom Oban 14. Schön an der Tour ist, daß es nur wenige Personen waren. Die Brennerei arbeitet noch mit alten Holz-Gärbottichen und vermittelt den Eindruck, daß für alles genug Ruhe und Zeit herrscht. Ganz entspannt und beschaulich.

Als erste Tour war das für uns sehr angenehm.

 

Glen Moray

Glen Moray in Elgin vermittelt da schon einen ganz anderen Eindruck. Hier werden gerade die Kapazitäten verdoppelt, alles ist aus pflegeleichtem und haltbarem Edelstahl und Eichweichzeiten und Gährzeiten sind deutlich kürzer. Es geht wesentlich mehr um Masse!

Hier werden verschiedene Altersstufen vom Whisky ausgebaut, mittlerweile auch nachgereifte und auch getorfte Whiskies. Zudem gibt es eine Fassstärke zum selber abfüllen. Überzeugt hat uns keiner, auch wenn der GlenMorray 18 ein schöner Trinkwisky ist.

 

Aberlour

S120_01351_151002_115956_5,2mm_f2,0_30s_ISO0_(c)900Das war die Distille, auf die wir uns am meisten gefreut hatten. Wir mögen vor allem den Aberlour a’bunadh mit seinen intensiven aber nicht zu alten Sherry-Noten. Zudem hatten wir kürzlich ein ein tolles Sample von einer Distillery-Only-Fassabfüllung von Aberlour – ein 14jähriger firstfill Sherry-Cask.

Die Tour ist mit 17 GBP nicht ganz billig und man sollte sich vorher anmelden. Wir wollten am Freitag Nachmittag, und haben zwei Tage vorher schon keinen Platz mehr bekommen. Von daher blieb nur Freitag Vormittag.

Aberlour hebt in der Tour vor allem seine Geschichte und Tradition hervor. Die Anlage ist sehr gepflegt und schön gelegen. Auch im Inneren ist es sehr aufgeräumt, sehr sauber und deutlich industrieller als ich es vermutet hatte. Riesige Mashtuns und Gärbottiche aus Edelstahl und ein Computerarbeitsplatz, der das alles steuert. Das Stillhouse auch um einiges größer als bei den beiden Distillen vorher.

Das Tasting im Anschluß verdient endlich auch mal den Namen ‘Tasting’: Es wurden sechs Gläser gereicht:

  • Ein Newmake: Stark, aber schon sehr viele leckere Fruchtaromen
  • Ein FirstFill Bourbon (zum selber abfüllen): Die gleichen Fruchtnoten wie im Newmake, dazu lecker Vanille und Toffee
  • Ein FirstFill Sherry (zum selber abfüllen): Grandios! Der Weg hat sich gelohnt. Davon bitte zwei Flaschen 😉
  • Und dann die Standards 10er, 16er und a’bunadh Batch 51 – in aufsteigender Reihenfolge immer besser werden. Es hat sich gezeigt: Der Whisky ist gut und die Führung ihr Geld wert.

Die Eigenabfüllungen sind allerdings keine echten Fassabfüllungen. Man kan nicht mehr selber die Flasche befüllen (sind schon vorgefüllt) sondern nur noch etikettieren. Wir haben Flasche 777 und 778 bekommen. Bei einem 16jährigen Sherry-Fass dürfen sich schon die Engel einiges genommen haben, so daß kein Fass groß genug ist, um so viele Flaschen zu bekommen. Zudem gibt es auch keine Fassnummer sonder nur eine Chargennummer auf dem Etikett. Es werden hier wohl auch zwei oder drei Fässer gemischt worden sein.

 

Glenfiddich

5DII_95656_151002_142826_85mm_f4,0_90s_ISO0_(c)900Da Macallen keine freien Führungen mehr hatte haben wir uns für Glenfiddich entschieden. Immerhin eine der größten Distillen in Schottland. Mal sehen, was uns dort erwartet:

Die Anlage von Glenfiddich ist auch sehr gepflegt und weitläufig. Ein großer Shop mit vielen Abfüllungen und ein kleines Kaffee und Restaurant. Wie überall in Schottland sind die Menschen sehr freundlich und hilfsbereit.

Die Tour fängt mit eine Film über die Firmengeschichte an. Natürlich sehr auf die Familie Grant bezogen und immer wieder betont, daß Glenfiddich die einzige in Besitz der Gründungsfamilie ist. Etwas sehr episch, aber gut gemacht.
Die Führung selber dauert recht lange, weil die Wege auf dem großen Gelände etwas länger sind. Aber das läßt zwischenzeitlich auch immer Raum für Fragen und einen kleinen Plausch mit den Mitarbeitern, die auch gerade auf dem Gelände sind.

Die Verkostung erfolgt dann im Tasting-Center. Hier ist man auf viele Besucher ausgelegt. Es gab vier Whiskies: Den 12er, den 14erRichOak, den 15er Solera und den 18er. Leider sind alle auf 40% reduziert. Das merkt man. Im Antritt für meinen Geschmack alle etwas dünne aber durchaus mit schönen Aromen. 43% oder 46% und die könnten mir sogar gefallen. So leider nicht.

Im Shop haben wir dann noch einmal die Fassstärke probiert: Wow! Das zeigt, wazu Glenfiddich in der Lage wäre. Ein Firstfill Bourbon mit 14 (?) Jahren. Aber 95 GBP finde ich dann doch etwas zu ambitioniert.

P.S.: Ein Erlebnis (zumindest für die weiblichen Besucher): Die Damentoilette am Kaffee – mit Kamin und Sessel….

 

Edradour

5DII_95665_151003_162648_24mm_f4,0_6s_ISO2000_(c)900Und nun zum absoluten Kontrast: Die (zur Zeit) kleinste Distille in Schottland. Nach einer guten halben Stunde Fußweg von Pitlochy durch den Wald erscheint eine kleine, fast schon museal anmutende Ansammlung weißer, niedriger Häuser. Hier befindet sich die Brennerei in einem kleinen Talkessel

Im Besucherzentrum kann man Tickets für die Führungen kaufen und wird sogleich in die Bar geleitet. Hier gibt es eine große Auswahl an Whiskies zu probieren. Nicht nur von Edradour selber, sondern auch von Signatory, da Edradour zu Signatory gehört. Wir fanden auch gleich zwei alte Cao lIlas, die wir probieren wollten, entschieden uns aber erst einmal für einen Kaffee.

Die Führung fängt verkehrt herum an: Zuerst ein Tasting mit dem 10er Edradour und einem Balechin Burgundy-Cask, dann das Warehouse, und zum Schluß Brennblasen und Maischebottische. Und immer wieder die Betonung, daß hier noch alles handgemacht ist, kein Computer irgend einen Prozeß überwacht oder steuert und das das die hier eben doch alles besonders ist. Es war wirklich sehr unterhaltsam gestaltet.

Am Ende der führung kam man wieder in das Besucherzentum – und dann leider nicht mehr in die Bar zum probieren. Das fand ich sehr schade. Im Besucherzentrum konnte man nur die Originalabfüllungen der Brennerei kaufen. Nichts mehr von Signatory und nichts mehr zum verkosten.


Wir hatten in allen Brennereien nur die Standard-Tour. Jede Brennerei hat ihren Reiz gehabt, und es war sehr schön zu sehen, wie unterschiedlich die Brennereien sich selber darstellen. Für uns hat es sich gelohnt, und wir werden in den nächsten Jahren sicherlich noch mehr als einmal nach Schottland fahren – es gibt noch viel zu sehen.