… und auch wenn ich mich mind. 15 Jahre jünger fühle, als es mein Perso allen anderen glauben zu machen versucht: So langsam ist es an der Zeit, das Gewicht meiner Fototasche nach unten zu korrigieren.

ISO 200, 40mm, F 8.0, 1/750 s

Ein wenig zum Hintergrund: Ich fotografiere seit vielen, vielen Jahren mit Spiegelreflexkameras. Angefangen noch zu Analog-Zeiten mit der EOS 100, weil sie so schön klein und leicht war. Mit steigender Erfahrung, steigendem Einkommen und steigenden Ansprüchen wurden Kamera und Objektive immer größer und schwerer. In Spitzenzeiten (mit der EOS 5DII) wog mein Kamerarucksack im Urlaub zwischen 12 und 15 Kg. Mittlerweile bin ich wieder im einstelligen Bereich angekommen.

Aber nur mal zum Spazieren gehen eine Kamera mit evtl zwei Objektiven mitnehmen, mal eben 5Kg mitschleppen? Dazu habe ich keine wirkliche Lust mehr. Daher schaue ich schon eine ganze Zeit nach einer kleinen Alternative.

Vor gut zwei Jahren habe ich mir nach einigem Suchen und nach dem lesen vieler guter Kritiken, die Sony Alpha600 zugelegt. Dazu ein hervorragendes Zeiss-Objektiv und ein Teleobjektiv. Technisch und optisch sehr gut, aber wirklich warm bin ich mit der Kamera nie geworden. Ja, für eine Städtereise und für mal eben so zum mitnehmen: Wunderbar. Handling: Katastrophe! Ständig verstellen sich die Einstellräder; ehe die Kamera bereit ist, vergehen nach dem Einschalten mit 3-4 Sekunden. Das ist eine gefühlte Ewigkeit. Und bei Sonnenschein und mit Sonnenbrille macht der „Sucher“ seinen Namen alle Ehre; besser wäre noch die Bezeichnung „Rater“. Wirklich etwas erkennen ist nicht möglich. Schlechte Auflösung und viel zu dunkel bei Sonnenschein.

Also suche ich weiter nach einer Alternative. Ich hoffe immer noch auf eine schöne EOS M, aber Canon scheint meine Anforderungen nicht erfüllen zu wollen. Da kam die Gelegenheit, das Olympus Kameras zum Testen anbietet, gerade richtig. Olypmus OM-D-Kameras sind in vielen Testberichten immer ganz weit oben. Und durch das Mikro-Four-Third-System lassen sich hervorragende Objektive bei kompakter Größe konstruieren. Also eigentlich genau das, was sich suche.

Ich habe mir also die Olympus OM-D M5-Mark-III zusammen mit dem 12-40 2.8 und dem 40-150 2.8 ausgeliehen und über ein langes Wochenende ausprobiert. Danke hierfür an Olympus und Foto-Höhler auf Helgoland.

Fangen wir mit dem Fazit an: Die Kamera ist schon ein tolles Stück Technik! Solide gebaut, übersichtlich, selbsterklärend. Alle wichtigen Einstellungen sind sofort erreichbar. Auch die Optiken machen einen sehr wertigen Eindruck. Und die Bildqualität ist top. Daran gibt es nichts zu meckern. Dennoch bin ich nicht traurig, sie wieder zurückgeben zu müssen. Warum? Wenn man eine Kamera wie die EOS 5DIV gewohnt ist, dann sind die Ansprüche recht hoch. Die Kamera muß gut in der Hand liegen, die Bildqualität sollte auf ähnlichem Niveau liegen. Die Kamera sollte mich als Fotografen nicht einschränken. Ich möchte beim Fotografieren nicht über die Technik nachdenken, nicht überlegen ob das geht bzw gut wird. Die Kamera ist ein Werkzeug, das funktionieren muß. Da hat mich die Olympus nicht ganz überzeugt. Und als kleine Ergänzung zur großen EOS ist sie dann doch etwas zu teuer.

ISO 200, 150mm, f 4,5, 1/750s

Aber im Detail mal der Vergleich der drei Kameras.

Gewicht:
Anbei drei Bilder. Jeweils Kamera mit zwei Objektiven. Einmal das klassische „Immer-Drauf“ vom Weitwinkel bis zum leichten Tele (24-~100mm) und ein Tele mit 300 bzw 400mm Da wird schnell klar, warum ich wechseln möchte. Canon mit knapp 3,5 Kg, Olympus mit der Hälfte und Sony mit nur rund einem Kilogramm. Letzteres ist sicherlich auch der geringeren Lichtstärke und dem Kunststoffgehäuse des Teleobjektives zu verdanken.

Handgefühl:
Bei der Canon hat man was in der Hand. wirklich griffig. Alle Finger und die Handfläche liegen auf. Man hat solide „Masse“ in der Hand, die sich gut führen läßt und die nicht so leicht verrissen wird. Die Sony hat micht damals durch ihre Griffigkeit überzeugt. Auch sie füllt die Handfläche aus, ach wenn der kleine Finger keinen Halt mehr finden. Aber sie liegt gut in der Hand und alle Knöpfe sind zu erreichen.
Bei Olympus ist der Griffwulst abgeschrägt. Dadurch liegen nur die Fingerspitzen und der Handballen auf. Der rest hängt in der Luft. Zudem ist sie irgendwie kantiger als die Sony. Sie ist kein Handschmeichler, das Halten ist anstrengender.

Bedienung:
Ich beherrsche die EOS im Schlaf. Alle wichtigen Funktionen sind zu erreichen, ohne die Kamera vom Auge zu nehmen. Kein verrenken und verbiegen der Finger sind nötig.
Das kann bei einer viel kleineren Kamera natürlich nicht identisch sein. Sowohl Sony als auch Olympus sind enger kostruiert, so das man oft die Hand halb von der Kamera nehmen muß, um etwas zu verstellen. Beide Kameras bieten genügend Knöpfe (die alle individuell zu programmieren sind), das wichtige Einstellungen ohne Menü zu verstellen sind. Mit etwas Gewöhnung kann man auch die beiden Kameras blind bedienen. Bei Sony sind die Einstellungen sehr leichtgängig. Daher verstellt sich die Kamera beim Tragen über der Schulter bei mir ständig. Olympus ist das etwas griffiger. Zudem sind zwei Einstellräder auf der rechten Kameraschulter sehr viel praktischer als das Einstellrad der Sony auf der Rückseite.

ISO 64, 125mm, f 2,8, 1/180s

Sucher:
Da kommen wir zu meinem größten Anspruch: Ich brauche einen Sucher! Ich kann nicht die Kamera einen halben Meter vor mich halten und auf dem Monitor ein Bild komponieren. Dazu muß ich die Kamera an mein Auge nehmen. Dadurch blende ich die Umgebung aus und konzentriere mich mehr auf das Bild. Ich weiß, ein optischer Sucher ist etwas anderes als ein elektronischer Sucher. Und ich weiß auch, das die elektronischen Sucher mittlerweile eine so gute Auflösung und ein gutes Kontrastverhältnis haben, das man damit durchaus vernünftig arbeiten kann.
Der Sucher der EOS ist ein optischer Sucher. Man schaut durch und sieht durch das Objektiv die Welt vor sich, wie sie ist. Klasse. Das kenne ich ich, damit kann ich umgehen. Ist man nachts unterwegs wird es im Sucher natürlich sehr dunkel. Das ist ein Nachteil.
Sony und Olympus haben bauartlich bedingt einen elektronischen Sucher. Man schaut auf einen kleinen Monitor. Die Auflösung und der Kontrast bei Sony ist schlecht (die Kamera ist ja auch schon ein paar Jahre alt und eher im mittleren Einsteigersegment angeordnet). Detail sind im Sucher nicht zu erkennen, bei Sonnenschein ist schon gar nichts zu erkennen. Und der Sucher braucht sehr langem bis er ein Bild zeigt. „Schnell“ geht daher mit der Sony nicht. Zudem ist der Sensor, der den Monitor aktiviert so weit ausgelegt, das man nicht mind 20cm Abstand zur Kamera nach Hinten halten muß, wenn man doch mal auf dem Monitor arbeiten will (z.B. in Bodennähe).
Olympus ist da deutlich besser. Der Monitor hat mehr Auflösung, man kann nun auch Details erkennen. Zudem ist er etwas schneller (3-4 Sek. bei Sony zu rund einer Sekunde bei Olympus). Das Problem mit Sonnenlicht und Sonnenbrille ist auch besser, aber da ist noch deutlich Luft nach Oben. Auch der Sensor, der den Sucher aktiviert ist kürzer eingestellt.

Aber noch kann der elektronische Sucher einen echten Sucher nicht ersetzen. Wenn ich Vögel im Flug fotografieren will, und die Kamera ans Auge nehme, dann sehe ich bei der EOS sofort etwas. Bei Olympus vergeht eine Sekunde, da ist bei längerer Brennweite der Vogel schon nicht mehr im Bereich des Suchers. Bei Sony brauchen wir das erst gar nicht zu versuchen.
Der Vorteil eines elektronischen Suchers, das ich Belichtungsveränderungen gleich im Sucher sehe zählt für mich nicht viel. Ich beurteile das Bild, und entscheide, ob ich über oder unterbelichten muß. Im Zweifelsfall bewerte ich ein Testfoto.

ISO 400, 17mm, F9,5, 1/350s

Autofokus
Eins vorweg, der AF ist bei allen drei Kameras sehr gut. Die EOS verwendet bauartlich bedingt eine andere Messmethode. Diese ist vom Grundsatz etwas schnelle. Das merkt man auch, der AF ist „griffiger“, dafür liegt er hin und wieder mal daneben. Bei Sony und Olympus sitzt er in aller Regel sehr genau. Einen Geschwindigkeitsunterschied bei One-Shot-AF läßt sich evtl messen, aber nicht wirklich fühlen. Bei Tracking-AF spielt die EOS die stärken aus. Hat sie einen Vogel im Flug erfasst, dann wird dieser auch sehr präzise verfolgt. Liegt die erste Erfassung knapp daneben (wei z.B. die Flügelspitze erwischt wurde), dann bleibt der AF auch an der Flügelspitze hängen. Eine Begrenzung auf wenige AF-Felder hilft, aber macht das verfolgen auch schwerer. Bei Sony gibt es am wenigsten Auswahlmöglichkeiten. Die AF-Felder sind recht groß und lassen sich nur in wenigen Gruppen einstellen. Aber eine Verfolgung von Vögeln ist mit etwas Übung mit durchaus beachtlichen Trefferquoten möglich.
Bei Olympus lassen sich von kleiner Spottmessung bis hin zu allen 121 Feldern viele verschiedene Feldgrößen einstellen und diese nach Belieben über das gesamte Bild verschieben. Das dauert mit der Wippe auf der Rückseite etwas länger als z.B. bei Canon mit dem kleinen Joystick. Da bietet das Menü aber auch viele Einstellmöglichkeiten, so das sich dieser Prozess evtl noch optimieren läßt. Leider verliert die Kamera schnelle Objekte (Vögel) sehr leicht. Bleibt der AF am Vogel haften, ist jedes Bild scharf. Die AF-Nachführung schafft auch die 10 Bilder pro Sekunde, die die Kamera liefert.

ISO 200, 100mm, f 6,7, 1/1500s

Bildqualität
Das alles entscheidende bei einer Kamera ist die Bildqualität. Was nützt das teuerste Equipment, wenn nur schlechte Qualität raus kommt. Nun gibt es zum einen die inhaltliche Qualität, die hängt aber vom Fotografen und seinem KnowHow ab. Da ist die Kamera nur ein Werkzeug. Die technische Bildqualität hängt dann von der eingesetzten Technik ab (und natürlich auch vom Fotografen, der die Technik beherrschen muß).
Die Bildqualität ist bei allen drei Kameras sehr gut, allerdings recht unterschiedlich. Die Bilder der Olympus sind rattenscharf! Die springen richtig ins Auge, das läßt sich nicht anders sagen. Auch Sony liefert sehr scharfe und detailreiche Bilder. Canon ist da etwas zurückhaltender. Die Bilder wirken eher etwas weicher. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Gerade bei Olympus scheinen die Bilder in der Kamera schon eher auf Detailschärfe getrimmt zu werden. Das geschieht auch bei den RAWs, denn RAW bedeutet nicht Rohdaten vom Sensor. Da geschieht Kameraintern schon sehr viel. Wer da mehr drüber wissen will, schaut sich mal folgendes Video an: Krolop&Gerst Diese deutliche Nachschärfung in der Kamera führt im ersten Moment zu sehr scharf anmutenden Bildern. Sobald man aber etwas nachbearbeitet treten sehr schnell Artefakte auf. Das zeigt sich an Halos und merkwürdigen Strukturen

Unteres Bild mit deutlichen Schärfe-Halos
ISO 200, 38mm, f 8.0, 1/750s

Das gleiche geschieht sehr schnell bei monochromen Flächen schon bei relativ niedrigen ISO-Werten. Geringstes Rauschen wird in der Kamera schon leicht geschärft und sobald etwas nachgearbeitet wird, treten diese Artefakte deutlich hervor.

Rechtes Bild bei ISO 640 mit deutlichen Rausch-Artefakten auf dem Brustpanzer
ISO 640, 57mm, f 2.8, 1/125s

Canon stimmt da die Bilder kameraintern sehr viel weicher ab. Im ersten Moment wirken die Bilder so etwas weicher, lassen in der Nachbearbeitung mehr Spielraum. Dies alles spielt vor allem beim Pixel-Peeping eine Rolle. Bei üblichen Vergrößerungen und Betrachtungsabständen fällt das erheblich weniger auf, als bei Betrachtung von 200% Vergrößerung auf dem Monitor, der 40cm vor der Nase hängt.

ISO
Hier läßt sich nicht leugnen, das der Chip in der Olympus nur rund 1/4 der Bildfläche hat, die der Sensor in der EOS hat. Je kleiner die Pixel, desto mehr rauscht es. Das läßt sich zwar mit ein paar technischen Tricks und viel Rechenpower in der Kamera etwas kompensieren, aber das Rauschen liegt rund zwei Blendenstufen höher bei der Olympus, als bei der EOS, die Sony fällt noch einmal eine Blende hinter der Olympus zurück, obwohl der Sens0r etwas größer ist.

Ein anderer Effekt spricht aber eindeutig für Olympus und Sony: Die IBIS! Jeder kennt die Regel: Belichtung nicht länger als den Kehrwert der Brennweite. An der EOS heußt das also bei 100mm Brennweite nicht länger als eine 100stel Sekunde, sonst ist die Gefahr sehr groß, das man verwackelt. Und gerade hoch auflösende Sensoren sind da besonders kritisch. Olympus und Sony habe durch den beweglich gelagerten Chip die Verwackelungskompensation eingebaut. Das sind 3-4 Blendenstufen längere Belichtungszeit kein Problem. Canon hat das zur Zeit nur in den (einigen/vielen) Objektiven. Die Testreihe zum Rauschen habe ich ohne Stativ gemacht, da sieht man bei ISO 100 bei Canon schon Bewegungsunschärfe. Olympus und Sony sind knackscharf! Die Belichtungsreihe von Canon mußte ich dann auch neu machen, daher die unterschiedliche Farbtemperatur durch eine andere Tageszeit.

Schlusswort:
Die Kamera ist gut, daran gibt es keinen Zweifel. Es ist ein tolles Stück Technik. Für mich ist das Hauptproblem, das sie nicht gut in der Hand liegt. Das Problem mit dem elektronischen Sucher der bei Sonnenlicht nur eingeschränkt zu nutzen ist, sowie der Tatsache, das er für meinen Geschmack zu lange zum aktivieren braucht (läßt sich evtl in den Energiesparoptionen anpassen, das er immer an ist), sind zweitrangige Dinge. Als Ergänzung zu meiner EOS ist sie mir zu teuer und als Alternative an einigen Stellen zu eingeschränkt. Würde mich jemand fragen, was er sich als Neueinstieg in das gehobene Kamerasegment zulegen sollte, dann wäre Olympus ganz oben mit dabei.